Der Digitaldruck zeichnet sich – im Gegensatz zum Offsetdruck – vor allem dadurch aus, dass dabei keine Druckform benötigt wird. Der Druck erfolgt direkt aus der Datei. Dies ist aber auch schon das einzige gemeinsame Kriterium für eine Vielzahl von Techniken, die auch als „Non-Impact-Printing (NIP)“ bezeichnet werden.
Entstehung des Digitaldrucks
Der Digitaldruck ist ein noch sehr junges Druckverfahren, das 1938 mit der Erfindung der Elektrofotografie seinen Anfang nahm. Chester F. Carlson konnte mit einem geladenen Fotohalbleiter eine Vorlage mit Toner auf einen Bedruckstoff bringen. Keine Firma aber wollte das Fotokopieren so richtig ernst nehmen. Das Technologieunternehmen Haloid Corp. erwarb schließlich die Rechte daran und verkaufte 1950 die erste Xerox Kopiermaschine. Doch diese war sehr umständlich in der Bedienung und benötigte viele manuelle Eingriffe. Erst das Interesse der Druckindustrie ließ den Absatz steigen. Dort wurde das Verfahren allerdings zur Herstellung von Druckplatten genutzt. Es dauerte Jahre der Entwicklung, bis aus den großen, umständlichen Kopiermaschinen die ersten Desktop-Modelle entstanden. Mit der Umbenennung von Haloid in Xerox im Jahr 1961 begann der Durchbruch der Elektrofotografie. Zunächst nur als Kopiergeräte genutzt, kamen 1976 die ersten Laserdrucker auf den Markt. IBM, Xerox und HP waren die Hersteller dieser Drucker, die immer einfacher in der Nutzung wurden. Ab 1993 gab es mit der „Indigo e-Print 1000“ den ersten „großen“ Drucker, der farbig bis zu 35 Seiten in der Minute auswarf und dem Offsetdruck das Leben schwer machen sollte.
Drucken überall möglich
Inzwischen ist dank der vielfältigen Digitaldrucktechnologien das Drucken nahezu überall möglich: zuhause, im Büro und selbstverständlich auch beim Druckdienstleister. Dort werden die schnellen und qualitativ hochwertigen Digitaldrucker für kleine Auflagen eingesetzt, die auch individualisierte Bedruckungen zulassen. Insgesamt gesehen geben aber Digitaldrucker weltweit in den Büros weitaus mehr Seiten aus. Dort stehen Tintenstrahl- oder Laserdrucker, die farbig oder schwarzweiß passable Ergebnisse bei kleinsten Auflagen erzielen. Einladungskarten oder farbige, ungefaltete Paper lassen sich damit direkt produzieren.
Definition des Digitaldrucks
Ob Laser- oder Tintenstrahldrucker – sie haben eines gemeinsam: sie drucken direkt aus dem digitalen Datenspeicher auf einen Druckträger. Viel mehr Gemeinsamkeiten aber gibt es nicht, sodass sich die Fachliteratur uneinig darin ist, wie man den Digitaldruck eigentlich genau definieren soll. Denn schließlich werden die Informationen analog ausgegeben. Zudem gibt es inzwischen eine schier unüberschaubare Anzahl von Technologien, die sich hinter dem Begriff „Digitaldruck“ verbergen. Weder optische Vorlagen noch analoge Zwischenschritte sind nötig, weshalb die Bereiche Repro und Druck nicht mehr voneinander getrennt werden können. Der Druck erfolgt ohne feste Druckform. Die färbende Substanz, bei der es sich um Toner, Tinte oder Druckfarbe handeln kann, wird dabei nahezu berührungslos übertragen. Daher kommt auch der Begriff „Non-Impact-Printing“ (NIP) für dieses Druckverfahren.
Abgrenzung des Begriffs zu „Computer to X“- Verfahren
Ebenfalls als Digitaldruck werden oft auch andere Verfahren bezeichnet, die mit der oben genannten Definition allein das Digitale verbindet. So lassen sich inzwischen Druckplatten für den Offsetdruck direkt digital ausbelichten. Teils sogar dann, wenn sie schon in der Druckmaschine eingespannt sind. Bei diesem statischen Digitaldruckverfahren spricht man auch von „Computer to Press“. Ebenfalls „Computer to…“ ist der Druck nur eines Einzelexemplars, also eines Andrucks. Dieses Verfahren wird „Computer to Print“ genannt. Zu weiteren „Computer to Verfahren“ gehört die Belichtung auf Film (CtFilm), auf die Druckplatte (CtPlate), auf eine Siebdruckform (CtScreen) oder auf eine geschlossene, zylinderförmige Druckform, beispielsweise im Tiefdruck (CtCylinder).
Bürodrucker, Proof oder LFP?
Abzugrenzen von den genannten Verfahren sind die tatsächlichen Digitaldrucker, die digitale Dateien direkt auf Papier bringen. Im Büro kommen dazu meist Tintenstrahl- oder Laserdrucker zum Einsatz. Für den Ausdruck einer farbverbindlichen Vorlage für den Offsetdruck hingegen verwendet man sogenannte „Proofdrucker“, die mit einem Thermosublimations- oder –Transferverfahren arbeiten. Einige Modelle bedienen sich auch schlicht der Inkjet-Technologie. Sie bieten eine sehr hohe Qualität, brauchen aber für den Ausdruck eines Dokuments sehr lange. Ebenso ist es bei den „Large Format Printern“, die für Banner und Displays ab Format A1 und größer eingesetzt werden. Ihre Belichtung dauert lang, doch die Farben sind UV-beständig. In Druckereien hingegen wird der Digitaldruck oft für kleine bis mittelgroße Auflagen angeboten. Diese werden auf meist im Laserdruckverfahren arbeitenden Maschinen gedruckt, die eine hohe Ausgabeleistung gekoppelt mit einer sehr hohen Auflösung aufweisen. Bis zu 3000 Seiten in der Minute können so ausgegeben werden, wobei es möglich ist, jede Seite zu individualisieren (auch „personalisiertes Drucken“ oder „Customized Printing“ genannt). So können Ausdrucke selbst von Büchern je nach Bedarf (on demand) schnell erledigt werden. Zeitungsverlage denken zudem derzeit darüber nach, ihre Ausgaben verteilt zu drucken und nur die digitalen Daten um den Globus zu schicken. So lassen sich dank Digitaldruck orts- und zeitnah Zeitungen produzieren. Dieses Vorgehen nennt man auch „verteiltes Drucken“. Ein Vorteil des Digitaldrucks ist dabei, dass mehrseitige Dokumente ohne Wechsel der Druckform bereits die richtige Reihenfolge haben und fertig sortiert sowie teils sogar gebunden aus der Maschine kommen.
Pulvertoner, Flüssigtoner oder was?
Die bei Druckdienstleistern eingesetzten Digitaldrucker verwenden meist trockenen Toner als Farbsystem in den gängigen Farben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz (CMYK). Das Pulver dieser Laserdrucker wird über elektrostatische Ladung auf das Papier gebracht, indem verschiedene Ladungsintensitäten variable Dichten im Tonerauftrag hervorrufen. Dadurch weisen diese Digitaldrucke keine Rasterung auf, sondern erreichen über die Tonwertabstufungen halbtonartige Fotoqualität. Noch höhere Bildqualitäten erreichen Maschinen wie die „HP Indigo“ oder „Kodak Nexpress“ dank des dort eingesetzten Flüssigtoners, der auch „ElectroInk“ genannt wird. Die kleinen Teilchengrößen von ein bis zwei Mikrometer im Flüssigtoner, die mit der Trägerflüssigkeit verdünnt werden, verfeinern die Auflösung und die Kantenschärfe der Drucke. Zudem lassen sich mit zusätzlichen Farbwerten selbst Sonderfarben wie Gold oder Silber relativ problemlos umsetzen.
Die bei viaprinto eingesetzten Maschinen drucken übrigens ausschließlich im CMYK-Farbraum. Sonder- und Schmuckfarben werden anhand der mitgelieferten Ersatzfarben zu CMYK umgewandelt. Da alle eingesetzten Maschinen optimal profiliert sind, werden diese Farben immer sehr gut getroffen und es gibt kaum wahrnehmbare Unterschiede im Druckergebnis.
Noch mehr Farben können mit den Tief- und Durchdruckverfahren umgesetzt werden, die in der kommenden Folge dieser Reihe genauer betrachtet werden.
Unsere Autorin Charlotte Erdmann (Bild: Matthias Martin), Geschäftsführende Gesellschafterin bei Solokarpfen Publishing UG.
Bereits erschienen:
Die Geschichte des Drucks.
Druckprinzipien: von Flächen und Zylindern.
Das Hauptdruckverfahren. Eine Einführung.
Die Hauptdruckverfahren. Offsetdruck.